Rechtsanwalt Günter Menth, Manacor/Mallorca
in Frage und Antwort
Ist die Funktion des Notars in Spanien wesentlich anders ausgestaltet als in Deutschland?
Einerseits gibt es wesentliche Übereinstimmungen denn deutsche und spanische Notare gehören der Union des Lateinischen Notariats an. Auch sind beide Notare parteineutral tätig. Andererseits ergeben sich doch ganz entscheidende Unterschiede.
Können Sie uns hierzu einige Beispiele benennen?
Nun, bei Immobilienkaufverträgen können Sie diesen Vorgang in Deutschland umfassend mit einem Notar abwickeln welcher den Prozess bis zu Ihrer Grundbucheintragung weiterführt. In Spanien wird der Vorgang, jedenfalls bei ausländischen Erwerbern, vom Rechtsanwalt vorbereitet und nach dem Notartermin vom Anwalt mit einer Gestoria, welche bestimmte Behördengänge übernimmt, zu Ende geführt.
Auch erhalten Sie in Spanien die Hausschlüssel direkt im Notartermin und können so das Objekt ohne Wartezeit in Besitz nehmen.
Die spanischen Notare müssen aufgrund einer Änderung in der spanischen Notarordnung den Urkundentext auch nicht mehr komplett vorlesen. Vielmehr genügt in Spanien jetzt die Erläuterung der wesentlichen Inhalte, eine wesentlich praxisadäquatere Regelung.
Und trotzdem dauern spanische Notartermine in der Praxis nicht selten mehrere Stunden, warum?
Ja, das ist richtig aber eher ein Thema der Organisation. In Spanien werden oft mehrere Angelegenheiten parallel terminiert oder jedenfalls ergänzende Angelegenheiten mitangenommen. Personaldaten und sonstige Daten werden häufig erst im Notartermin in die Vorlage aufgenommen und bei vielen Notariaten werden die Vorlagen nur mit sehr kurzem Vorlauf den Parteien zur Vorkontrolle übermittelt. Das wird dann leicht als Chaos wahrgenommen, während im deutschen Notariat die lange wörtliche Lektürezeit mitunter als belastend empfunden wird.
Nun hat der spanische Notar, trotz eingeschränkten Funktionen beim Immobilienkauf, gesamtheitlich doch eher einen weitergehenden Aufgabenbereich. Woran lässt sich das festmachen?
Hypotheken- und Vollmachterstellungen sind hier zwei Beispiele. Und das gilt auch für die Hypothekenlöschung oder den Vollmachtswiderruf. Der rechtliche Grund liegt in den erweiterten Formerfordernissen in Spanien. Relevante Vollmachten müssen hier in notarieller Form erstellt werden und zudem prinzipiell im Übrigen auch die bevollmächtigten Handlungen genau aufgelistet werden. Die Folge: Die in Deutschland übliche Generalvollmachtserteilung „Ich erteile Frau / Herrn ….. Generalvollmacht“, ist in Spanien unbrauchbar. Aber dem spanischen Notar sind noch weitere Aufgabenbereiche übertragen.
An welche sollte man da noch denken?
Genannt sie hier die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses oder auch die Realisierung einer einvernehmlichen Scheidung.
Können deutsche oder spanische Notare auch in einer fremden Sprache beurkunden?
Deutschen Notaren ist diese Möglichkeit eröffnet, wenn sie über die entsprechenden Sprachkenntnisse verfügen. Als Anwaltskanzlei nutzen wir das im internationalen Rechtsverkehr zu dessen Vereinfachung, indem in Spanien errichtete notarielle Urkunden, etwa Immobilienkaufverträge oder Erbschaftsannahmen, sodann ohne schriftlichen Übersetzungsaufwand vor dem deutschen Notar ratifiziert und damit rechtswirksam gemacht werden. Spanische Notare müssen, auch wenn sie der deutschen Sprache mächtig sind, jedenfalls immer noch eine zweite deutsche Sprachspalte erstellen.
Gibt es Notaranderkonten zur parallelen Zahlungsabwicklung in beiden Ländern?
Zu Deutschland hier ein uneingeschränktes ja, während in Spanien sich die Lage etwas komplexer darstellt. Die Treuhänderfunktion ist im spanischen Recht nicht in gleicher Weise vorgesehen. Aber die heutige Tendenz geht dahin, dass auch mehr und mehr spanische Notare Treuhänderkonten anbieten.
Kann die Unterschrift unter einen in Spanien bereits rechtsgültigen privaten Immobilienkaufvertrag vor einem spanischen Notar zumindest beglaubigt werden?
Das wird von den spanischen Notaren in der Regel abgelehnt, insbesondere wenn der fremdsprachliche Text von ihnen nicht nachvollzogen wird. Aber dies wäre auch allenfalls zu Beweiszwecken, nicht aber für die nachfolgende Grundbucheintragung zielführend. Zur Grundbucheintragung muss der gesamte private Kaufvertrag in eine öffentliche Urkunde mit notarieller Inhaltserläuterung durch den Notar übergeführt, der Vertrag also notariell beurkundet werden.
Im deutsch-spanischen Rechtsverkehr werden häufig deutsche notarielle oder Gerichtsurkunden an ganz oder zeitweise in Spanien residierenden Personen übersandt mit der Bitte unter diese Ihre Unterschrift zu setzen und diesen Vorgang vom spanischen Notar beglaubigen zu lassen. Ist das ein in Spanien gangbarer Weg?
Hier ist die Antwort ein tendenzielles nein. Auch ein Rechtsanwalt in Spanien kann in der Regel die gewünschte Beglaubigung nicht vornehmen. Die praktische Empfehlung heisst hier regelmässig „Lassen Sie Ihre Unterschrift von Ihrem nationalen Konsulat beglaubigen“.
Zum Thema Notargebühren, welche Unterschiede ergeben sich hier?
Bis zum Gegenstandswert von 6 Mio. Euro sind diese in der spanischen Notargebührenordnung vorgegeben und in der Regel niedriger angesetzt als in Deutschland. Dies auch deshalb, weil sich der Handlungsumfang des Notars bei manchen Dokumentenerstellungen in Spanien als eingeschränkter darstellt. Dies gilt, wie vorerwähnt, etwa für Immobilienübertragungen, welche in Spanien vom Anwalt vor- und nachbereitet werden. Hier haben deutsche Beteiligte oft eine weitergehende Handlungserwartung an spanische Notare, sie formalieren die Urkunde, beraten die Parteien aber nicht betreffend die für diese vorteilhaften Inhalte. Diese Funktion hat in Spanien der Anwalt.
Und die fehlende Parteiberatung des spanischen Notars kann auch unangenehme Folgen haben?
Ja, durchaus, da man dann unzutreffend erwartet, dass der spanische Notar auch die eigene Rechtsposition absichert und vorab die Rechtslage prüft. Dies tut er aber gerade nicht. Der Parteivertreter in Spanien ist, wie vorerwähnt, der Rechtsanwalt.
Welche Unterschiede gibt es bei der Dokumentenerstellung für typischen Generationennachfolgen?
Zunächst sei hervorgehoben, dass es für die Rechtsnachfolge in Nachlassimmobilien in Spanien, im Gegensatz zu Deutschland, einer gesonderten notariellen Erbschaftsannahme bedarf, mithin ein weiteres Tätigkeitsfeld des spanischen Notars. Testamente können sowohl in Deutschland wie auch in Spanien privat handschriftlich wie auch notariell erstellt werden. Die privatschriftliche Erstellung bietet mehr Flexibilität und die notarielle mehr Rechtssicherheit. Die anwaltliche Beratung sollte in beiden Fällen in Spanien die inhaltlich adäquate Ausgestaltung garantieren wobei auch steuerliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.
Gehört die internationale Überbeglaubigung von Urkunden auch zum Aufgabenbereich spanischer Notare?
Nein, diese ist nicht direkt den spanischen Notaren zugewiesen, sondern vielmehr den spanischen Notarkammern. Auch in Deutschland sind die Notare für diesen Vorgang nicht direkt zuständig, sondern in den meisten Bundesländern der örtliche Landgerichtspräsident, wenngleich bei diesen oft zeitgleich mit Erstellung notarieller Urkunden dieser Vorgang der Aufbringung der Apostille zur Tauglichmachung der nationalen Urkunde für den internationalen Rechtsverkehr mit in Auftrag gegeben werden kann.
Muss man vor dem spanischen Notar immer persönlich erscheinen?
Grundsätzlich ja und für höchstpersönliche Akte wie die Testamentserstellung gilt dies in strenger Form. Für die meisten anderen Rechtsgeschäfte können Sie, – allerdings wiederum notariell -, eine andere Person bevollmächtigen, ein Verfahren das im internationalen Rechtsverkehr, nicht nur in Pandemiezeiten, mehr und mehr praktiziert wird.
Und was sollte man zum Notartermin immer mitbringen?
Vorausgesetzt dieser ist fachgerecht vorbereitet immer ein gültiges Ausweisdokument. Nicht selten ist es ein abgelaufener Ausweis welcher den gesamten Dokumentenerstellungsvorgang verhindern kann. Wenn man als Bevollmächtigter auftritt dann ist auch die Vollmacht im Original, respektive in notarieller Ausfertigung und im internationalen Rechtsverkehr mit der Apostille versehen, also notariell überbeglaubigt, vorzulegen. Praktische Bedeutung haben heute oft auch Zahlungsbelege da die Zahlungsvorgänge höherer Beträge im Notarvertrag ausgewiesen werden müssen.