Seit dem Inkraftreten der Europäischen Erbrechtsverordnung in 2015 existiert ein vereinheitliches Nachlasszeugnis für grenzüberschreitende Erbfälle mit direkter Rechtswirkung in allen EU-Staaten.
Zwar gibt es nach wie vor unterschiedlich ausgestaltete nationale Erbrechte und damit per Rechtswahlklausel auch interessante Gestaltungsmöglichkeiten für den grenzüberschreitend tätigen Erbrechtspraktiker,
aber das einmal ausgestellte ENZ bestimmt zunächst bindend die erbrechtlichen Rechtsnachfolger auch für andere Staaten in welchen sich Nalassvermögensgüter befinden.
Ein von einem deutschen Nachlassgericht ausgestelltes ENZ legt also für Spanien bindend fest wer etwa Eigentümer der Ferienimmobilie auf Mallorca wird,
Ein Defizit des deutschen Erbscheines, die Nichtausweisung von Vermächtnissen überwindet das ENZ:
Dort ist auch ausgewiesen wem als Vermächtnisnehmer welche konkreten Nachlassgegenstände zugewiesen sind, etwa die Spanienimmobilie gezielt an eine bestimmte Person unabhängig von sonstigen Erbenstellungen.
Probleme ergeben sich in Spanien mit dem ENZ weil in diesem die konkrete Ertbquote nicht ausgewiesen ist.
So ist diesem beispielsweise zu entnehmen dass Ehegatte und Kinder die gesetzlichen Erben des verstorbenen Vaters werden und die Ehegatten im deutschen gesetzlichen Güterstand lebten,
nicht aber welche genaue Erbquote sich hieraus ergibt.
Hier darf bei deutschem ENZ der spanische Notar zur Erstellung der spanischen notariellen Erbschaftsannahmeurkunde kein ergänzendes Zertifikat verlangen sondern muss wohl selbst die konkrete Erbquote nach deutschem Recht sondieren,
ebenso wie ein spanisches diesen Vorgang überprüfendes Grundbuchamt.
Sicher eine der Thematiken bei welchen über eine Nachbesserung der gesetzlichen Regelung nachzudenken sein wird.
Nun jedenfalls hat der europäische Gesetzgeber hier bereits für das Jahre 2025,- nach 10-jähriger Rechtsanwendung -, eine Nachbesserung vorgesehen.
Bleibt die Frage für den Praktiker:
Das europäische Nachlasszeugnis, ENZ, beantragen oder doch besser einen nationalen deutschen Erbschein, weche weiterhin nebeneinander rechtsgültig sind.
Die Antwort dürfte je nach Einzelfall unterschiedlich ausfallen:
Wird der Rechtsnachfolger für eine Spanienimmobilie per Vermächtnis bestimmt spricht das für ein ENZ.
Bei sonst unklaren Erbquoten dürfte der nationale deutsche Erbschein eher zielführend sein.
Hier noch Link zu Antragsformularen des ENZ in deutscher und spanischer Sprache