Warum Katalonien einen völkerrechtlich fundierten Anspruch auf Abstimmung über seine Unabhängigkeit hat

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Die eindeutige Regelung im Völkerrecht 

Verkürzt heisst es dort: „Jedes Volk hat ein Recht auf Selbstbestimmung“.

Zwar ist das Wort „Volk“ hier nicht weiter definiert, aber ernsthafte Zweifel dran, dass die Katalanen mit eigener Sprache, Kultur und Historie ein Volk sind, gibt es nicht.

Entscheidungsbefugt sind nur die Katalonen 

Dass das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes von anderen dritten Personen ausgeübt werden soll, wie etwa allen Spaniern, ist nicht nur widersinnig, sondern wird auch nirgends so paraktiziert, – ausser in Spanien.

Juristisch steht das Völkerrecht über nationalem Verfassungsrecht,
welches in Spanien insoweit eine Mitentscheidungsbefugnis aller Spanier vorsieht und damit über die Legalität des Selbstbestimmungsrechts ihrer eigenen Völker bestimmen soll.

Gereifte Demokratien und Nationen gestehen das Selbstbestimmungsrecht zu 

Dies gilt für Kanada  wie für Grossbritannien, wenngleich bis heute nicht ohne nachhaltigen Druck der Bevölkerungen und die Flandern in Belgien warten bis heute noch,

aber etwa auch für die Slowakei, welche sich aus der vormaligen Tschechoslowakei gelöst hatte.

Gegenargumente der territorialen Unversehrtheit und der Gefahr der Atomisierung 

Die territoriale Unversehrtheit ist nur ein Recht gegenüber externen Staaten und die Gefahr einer Atomisierung besteht für Katalonien mit über 7 Millionen Einwohnern ebenfalls nicht.

Die Argumente sind also für die Katalanen wenig stichhaltig.

Das Selbstbestimmungsrecht nach innen und das Recht zur Abspaltung 

Sodann wird auch vertreten, dass dem Selbstbestimmungsrecht bereits genügegetan sei, wenn ein Volk innerhalb eines Staatsgebietes umfassend beteiligt sei und seine Kulur leben könne.
Dann gäbe es kein Recht auf Abspaltung.

Ein derart umfassendes Selbstverwirklichkeitsrecht wird dem katalanischen Volk mit Unterdrückungsgschichte aber auch heute nicht eingeräumt.

Die Interpretation, nur Kolonien stünde ein Abspaltungsrecht zu, hat keine volksrechliche Basis 

Gleichwohl wird dies von der spanischen Zentralregierung als Argument gegen den Rechtsanspruch auf Selbstbestimmung und Abspaltung Kataloniens ins Feld geführt.

Die aggressive Reaktion gegen das Referendum verstärkt das Selbstbestimmungsrecht 

Wenn man der Argumentation folgt, dem katalonischen Volk stehe kein Selbstbestimmungsrecht respektive Recht zur Abspaltung zu, so wären die Massnahmen zur Verhinderung des Referendums vom 01. Oktober 2017 seitens der Zentralregierung gerade ein Argument, um auf dem Abspaltungsrecht bestehen zu können und dieses zu vertiefen.

Referendum zur Abspaltungsentscheidung ja
aber mit demokratischem Ablauf 

Andererseits muss ein solches Referendum unter Beachtung demokratischer Grundregeln ablaufen.

Das bedeutet, dass die Argumente des für Für und Wider in einer geordneten Vorphase vorgebracht werden können.
Hier sind Zweifel angebracht,
ob dies in der Vorphase zum 01. Oktober 2017 so der Fall war.

Die Regionalregierung Kataloniens argumentiert hier, sie habe das im Rahmen der Behinderungen durch den Zentralstaat Mögliche gemacht.

Was ist zu tun, wenn der demokratische Ablauf von der Zentralregierung mit dem Argument der nationalstaatlichen Verfassungswidrigkeit verhindert wird? 

Dann bleiben eigentlich nur drei Möglichkeiten,
eigentmächtige Durchführung des Referendums durch die Regionalregierung oder Regionalbevölkerung, Hinarbeit auf eine nationalstaatliche Verfassungsänderung oder
Anspruchgeltendmachung vor dem Internationalen Gerichtshof

Was spricht generell für einen eigenen Staat Kataloniens? 

Nun, dieser dürfte dann wünschenswert sein, wenn er sowohl der Bevölkerung Kataloniens wie auch Restspaniens Vorteile bringt, sei es emotionale der Identifikation, der kulturellen Selbstverwirklichung, aber auch betreffend die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungspotentiale.

Hier spricht für Katalonien, dass kleinere europäische Staaten vergeichbarer Grösse wie Dänemark, Schweden oder Holland durchaus besonders positive sozialökonomische Entwicklungen vorweisen können.

Andererseits zeigt ein Staat wie die Schweiz, dass unter spezifischen Umständen auch ein Mehrsprachenstaat das erfüllte parallele Leben verschiedener Sprachkulturen möglich machen kann,

wobei sich allerdings die geschichtliche Enwicklung der Schweiz von derjenigen Spaniens sehr stark unterscheidet.

25.09.2017